Kriegskinder aus Vietnam waren mein Ansporn Politik mitzugestalten

Letze Woche besuchte ich das Goethe-Gymnasium in Gaggenau. Julian Mußler, Schüler des Neigungskurses Geschichte, hat seine Eindrücke von der eineinhalbstündigen Diskussion aufgeschrieben. Bei dem Gespräch dabei waren außerdem die Schülerinnen und Schüler der Neigungskurse Gemeinschaftskunde und Wirtschaft. Danke Julian für den wirklich tollen Bericht!

Frau Katzmarek begann das Treffen mit einigen Anmerkungen zu Ihrer Biographie. Im Ruhrgebiet aufgewachsen, war es der berufliche Weg Ihres Mannes, der sie später nach Mannheim führte. Dort engagierte sie sich zunächst ehrenamtlich im Bereich der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit und der Beratung im Bereich Arbeits- und Sozialrecht.

1990 wurde sie hauptamtliche Gewerkschaftssekretärin bei der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IGBCE), in der sie ab 2001 als Bezirksleiterin für die Region Mittelbaden zuständig war. In dieser Zeit befanden sich viele Betriebe der Papierindustrie im Murgtal in existenzieller Notlage und mussten teilweise „abgewickelt“ werden. Der Kampf für die Interessen der Arbeiterinnen und Arbeiter war für Frau Katzmarek seinerzeit ein wichtiges Anliegen. Parallel war sie seit 1989 Mitglied der SPD und zog schließlich 2013 „über die Landesiste“ in den Deutschen Bundestag ein.

Große Aufmerksamkeit erzielte Frau Katzmarek gleich zu Beginn, als sie über den Ursprung ihres politischen Bewusstseins sprach: Es war ihre Mutter, die sie noch als Kind regelmäßig in ein Krankenhaus mitnahm, in dem vietnamesische Kinder betreut wurden, die Opfer des Krieges in ihrem Heimatland geworden waren. Diese, aus erster Hand erfahrenen Leidensgeschichten lösten, so Frau Katzmarek, ein bleibendes Gefühl der Ungerechtigkeit aus.

Die weiteren Fragen der Schülerinnen und Schüler betrafen Frau Katzmareks Position zu den Waffenexporten Deutschlands. Die SPD-Politikerin versuchte Verständnis für die Komplexität des Themas zu wecken. Sie selbst spreche sich für eine Verschärfung der Gesetze aus. Doch bestünden auch vertragliche Verpflichtungen für den Export von Waffen, die nicht einfach übergangen werden könnten. Das betreffe beispielsweise NATO-Länder wie die Türkei. Deshalb betonte Frau Katzmarek die Bedeutung von Friedensarbeit, um die Ursachen von Krieg und Leid zu bekämpfen.

Auch bei der Frage nach der anhaltenden Gehaltskluft zwischen Männern und Frauen positionierte sich Frau Katzmarek klar. Man habe zwar schon einiges erreicht, aber es müsse noch viel getan werden. Ihre Parteigenossin, Familienministerin Manuela Schwesig, kämpfe zum Beispiel für eine Ausweitung der Lohnauskünfte in Betrieben, damit die Missstände überhaupt erst bekannt werden können. Frau Katzmarek mahnte aber an, dass hier die Mitarbeit der Betriebsräte und Gewerkschaften wichtig sei.

In der Frage nach einem möglichen EU-Beitritt der Türkei stellte sie klar, dass diese Verhandlungen gestoppt werden sollten und man über einen neuen Umgang mit der Türkei nachdenken müsse.

Eine politische Botschaft an die Schülerinnen und Schüler versandte Frau Katzmarek schließlich mit der Antwort auf die Frage, warum Friedrich Ebert für sie eine so bemerkenswerte Rolle spiele: Friedrich Ebert sei ein Synonym dafür, wie zerbrechlich die Demokratie sei. Und Friedrich Ebert lasse sie wissen, dass Demokratie „jeden Tag neu gelebt und beschützt werden muss“.